top of page
Heimatverein-Niederbühl Homepagebanner  (940 x 651 px) (2500 x 651 px) (2500 x 120 px) (1)

Frische Flussfische – frische Seefische aus Niederbühl! Hatte Niederbühl einen Hafen?

Folge 12 von Wolfgang Braun
Erstellt im Juli 2021. Digitalisiert vom Heimatverein Niederbühl-Förch e. V. im Dezember 2021
Vielen Dank unserem Gründungsmitglied Wolfgang Braun, dass wir seinen Artikel hier veröffentlichen dürfen.

Spätestens beim Lesen obiger Sätze könnte der Leser zu dem berechtigten Urteil kommen, der Vorsitzende des Altenwerkes verwechselt unser „Landrattendasein“ mit den Gefilden der Nord- oder Ostsee. Aber bei weitem gefehlt, denn so wie man die Förcher als „Rehböck“ bezeichnet, so lautet der Spitzname der Niederbühler – wenigsten nach Aussagen unserer Senioren – „Fischschwänz“.


Der Opa des Erzählers dieser Zeilen, Fritz Jerger, führte dies auf den überaus großen Fischreichtum der Murg zurück. Er erzählte, dass sich über viele Jahre hinweg der Aufstieg von Salmen (Lachse) aus der Nordsee über den Rhein in die Laichgebiete zum Oberlauf der Murg beobachten lies.


In der „Chronik über Straßenbau und Straßenverkehr in dem Großherzogtum Baden“ (1878) können wir hierzu lesen:

„Zwischen Niederbühl und Kuppenheim befanden sich in der Murg viele Inseln. Es bestund noch 1778 ein sehr ergiebiger Lachsfang.“

Die oben genannte Chronik (vgl. S. 72) liefert auch hierfür die Antwort:

„Zwischen Sandweier und Niederbühl bestund einst ein Weiher, der „See / Landsee“ genannt, welcher durch einen Kanal trocken gelegt wurde, bis aus einen kleinen Teich, der vom 15. bis Ende des 17. Jahrhunderts zur Wässerung diente.“

Im 14. Jahrhundert war der Landsee ein fischreicher und mit Nachen, also mit flachgehenden Lastkähnen befahrenes Gewässer. Zudem wurde der See von Flößern aus dem Oostal genutzt, von wo aus man einen umfangreichen Holzhandel betrieb. Als Anliegergemeinden des zwischen 1 bis 3 km breiten Sees werden in fast allen Chroniken Oos, Sandweier und Haueneberstein sowie Niederbühl mit Förch und im Norden Rauental genannt.


Aus der früheren Schreibweise „Hafeneberstein“ wird zuweilen die (vermessene) Schlussfolgerung gezogen, es habe einen Hafen zu Haueneberstein am Landsee gegeben. Der Landsee war von Sümpfen oder Morast umgeben. 1494 entstanden unter anderem durch starke Regenfälle Schäden an den Ufern. Bereits zu dieser Zeit bemühte man sich, den See trockenzulegen. Dabei kam dem 1473 erstmals erwähnten Landgraben (er fließt heute u. a. als Ooser Landgraben durch Niederbühl) eine zentrale Bedeutung für die Entwässerung und Ackerlandgewinnung zu.


Im Jahr 1548 hob man einen neuen Landgraben aus, um einen besseren Wasserabfluss zu erreichen. Dies hatte weitreichende Folgen und kann als Auftakt zur endgültigen Trockenlegung des Gebiets angesehen werden.

Mittelalterlicher Fischer mit Zugnetz


Bei der Gewinnung von Ackerland ist das Engagement von Markgräfin Augusta Sibylla zu erwähnen, die sich bei Entwässerungsmaßnahmen besonders engagierte. Heute durchqueren die Bahnstrecke Frankfurt–Basel und die Bundesautobahn 5 das Gebiet. 1972 wurde der als Oosbach bezeichnete Unterlauf der Oos von Sandweier bis Rastatt aufgegeben; seitdem fließt das Wasser der Oos hauptsächlich über den Ooser Landgraben ab. Lediglich Namen wie Landseestraße oder Landseehof halten die Erinnerung wach.


Dieser See, aber auch verschiedene Landschaftsformen in der Rheinebene, die sich auch heute noch von Bühl bis Heidelberg nachweisen lassen, zeugen von einem sog. Urfluss, der Kinzig-Murg-Rinne. Die aus dem Schwarzwald und dem Kraichgau westwärts fließenden Gewässer - in unserer Region z. B. Schutter, Kinzig, Rench, Acher, Bühlot, Sandbach, Oos, Murg und Alb - mündeten ursprünglich nicht direkt in den Rhein, sondern sammelten sich in einer breiten geologischen Rinne, die parallel zum Rhein näher am Gebirgsrand nach Norden führte. Der Grund lag darin, dass der Rhein – lange vor der Regulierung durch Tulla – in weiten Bögen (Meandern) enorme Mengen Kies und weitere Sedimente vor sich herschob und ablagerte. Solche Erdmassen konnten die nach Westen fließenden Gewässer nur in Ausnahmen durchbrechen.


Wenn Sie den Krebsbach entlang Richtung Förch laufen/radeln, sehen Sie (zwischen „Hochzeitswiese und Aussiedlerhöfen) parallel zur Autobahn einen solchen flachen Buckel von lehmig-sandiger und kiesiger Beschaffenheit aus den ehemals moorigen Niederungen (heute Maisäcker) herausragen. Diese „Schwarzwald-Randsenke“, die seit der letzten Eiszeit durchflossen wurde, hat der Großherzoglich Badische Landesgeologe Hans Thürach im Jahr 1912 nach den beiden wasserreichsten Flüssen, der Kinzig und der Murg, als Kinzig-Murg-Fluss benannt.


Karl Mader ordnet 1929 in:

„Morphologischer Beitrag zur Kenntnis der Kinzig-Murg-Rinne bei Rastatt“,

diese Erhebungen als Sandbänke des Kinzig-Murg-Flusses zu. Ein sichtbares Überbleibsel der Kinzig-Murg-Rinne, ist der Woogsee. Er liegt, eingekesselt in einem Gewerbegebiet Rastatts (hinter Möbel Ehrmann) und wird auch als Restgewässer des Landsees angesehen.

Seit 1939 hat der See den Status „Naturdenkmal“. In der Biotopkartierung wird der Woogsee als Schlut und „naturnaher Restbereich einer Altlaufrinne der Kinzig-Murg-Rinne“ beschrieben.

In den 1960er und 1970er Jahren wurde der See aufgrund seiner Lage direkt an einem Industrie- Gewerbegebiet als Müllkippe und seine Ufer als kommerzielle Himbeer- und Brombeerplantage genutzt. Auch wurden illegal Hütten errichtet, ehe der See in den 1980er Jahren saniert wurde. Die Genehmigung zur Errichtung einer Diskothek unter vieler weiterer, das ehemalige Feuchtgebiet versiegelnder Gewerbegebäude (z. B. Autoschrottverwertung) war den politischen Entscheidungsträgern offenbar wichtiger, als der Schutz eines Jahrtausende alten Überbleibsel aus der Würmeiszeit.


Norbert Klatt schreit z. B. in: Naturschutz im Landkreis, Band 50, 2011, S. 203:
Der Woogsee ist „… das „wohl bedrückendste Beispiel für ein heute vollkommen von Bauflächen umzingeltes Feuchtgebiet der alten Kinzig-Murg-Rinne. Der See kämpfe um das Überleben gegen die schädlichen Einflüsse des benachbarten Industriegebiets, gegen Abwasser, Verlärmung und die Isolation von der freien Landschaft.“

Warum gibt es in Niederbühl eine „Weiherstraße“?

Die meisten unserer Senioren erinnern sich noch an den Niederbühler Eisweiher. Er befand sich ungefähr beim heutigen Gasthaus „La Perla“. Als Kinder konnten wir dort auf dem Eis spielen, gab es doch noch „echte“ Winter. Ein Großteil des Eises nutzten viele Jahrzehnte lang Gasthäuser und Brauereien zur Kühlung des Bieres in Kellern, in denen noch keine Ölheizung eine relativ hohe Temperatur erzeugte.


Eines Tages sahen wir Kinder einen Eisfischer, der gerade dabei war, ein Loch in die Eisfläche zu schlagen. Da ertönt eine Stimme:

"Hier gibt es keine Fische!"

Der Mann geht weiter, klopft ein neues Loch ins Eis. Wieder ist die Stimme zu hören:

"Hier gibt es keine Fische!"

Beim dritten Mal hebt der Mann die Angel zum Himmel und fragt:

"Bist du es, o Herr?"

Darauf die Stimme:

"Nein, ich bin nur der Platzwart vom Eisstadion."

Herausgeber

Pfarrgemeinde St. Laurentius Niederbühl, in der Kirchengemeinde Vorderes Murgtal, vertreten durch das Gemeindeteam.

Autor (Text- und Gestaltung)

Erstellt im Juli 2021

Blogbeitrag

Erstellt im Dezember 2021 vom Heimatverein Niederbühl-Förch durch Marcus Wirth

Fotografien

Sofern nichts anderes vermerkt ist, stammen die Fotografien von Wolfgang Braun

Beitrag zum download











26 Ansichten0 Kommentare

Ähnliche Beiträge

Alle ansehen

Comments

Rated 0 out of 5 stars.
No ratings yet

Add a rating
bottom of page