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Brückenheilige, die Geschichte(n) erzählen

Folge 18 von Wolfgang Braun
Erstellt im August 2021. Digitalisiert vom Heimatverein Niederbühl-Förch e. V. im Dezember 2021
Vielen Dank unserem Gründungsmitglied Wolfgang Braun, dass wir seinen Artikel hier veröffentlichen dürfen.

Seit ca. 270 Jahren überqueren Fußgänger und Fahrzeuge der verschiedensten Art den Ooser Landgraben über die aus Sandstein errichtete zweibogige Brücke beim Gasthaus Schwanen. Diese wurde 22 Jahre nach dem Tod von Markgräfin Franziska Sibylla Augusta (geb. 1675, gest. 1733) im Jahr 1755 fertiggestellt und ersetzte die alte Holzbrücke. Die von Professor Albert Kiefer gezeichnete Idylle an der Brücke lässt sich heute kaum mehr erahnen, und doch lohnt es sich einmal genau hinzuschauen.


Bildquelle: Heimatbuch Niederrbühl, S. 35

Von der Kirchgasse aus gesehen richtet sich der Blick zuerst auf die neben dem Gasthaus Schwanen angebrachte Statue des Heiligen Nepomuk, der als „Brückenheiliger von Böhmen“ verehrt wird. In unserer Heimat kam der Heilige Nepomuk möglicherweise auch über Markgräfin Franziska Sibylla Augusta (1675-1733) zu Popularität. Die Markgräfin hatte ihre Jugend auf Schloss Schlackenwerth in Böhmen verbracht.


Johannes Nepomuk (geb. 1350 bei Pilsen, ermordet 1393 in Prag) studierte an der renommierten juristischen Fakultät zu Prag und setzte sein Studium nach dem juristischen Examen an der Universität Padua fort, wo er 1387 das Doktorat des Kirchenrechts erlangte. Zurück in Prag ernannte ihn der Erzbischof zum Generalvikar. In dieser Eigenschaft geriet er in den Machtkampf zwischen König Wenzel IV. und dem Erzbischof. Bei diesem Konflikt ging es um die Abgrenzung der weltlichen und kirchlichen Machtbereiche in Böhmen, besonders um die Frage der Übertragung hoher kirchlicher Ämter und Privilegien und somit um die Ernennung von Bischöfen. Als sich die Fronten verhärteten, flüchtete der Erzbischof.


Johannes Nepomuk wurde als ranghöchster verbliebener Kleriker vom König verhaftet, gefoltert und danach von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und ertränkt. Er wurde 1729 von Papst Benedikt XIII. heilig gesprochen.


Zeitgleich mit Nepomuk wirkte in Böhmen der Reformator Jan Hus. Er war zeitweise Rektor der Karls-Universität Prag. In seinen, auf tschechisch gehaltenen Predigten, (dies widersprach der verpflichtenden Anwendung der lateinischen Sprache) trat er für eine Reform der Kirche ein. So kritisierte er den immensen Reichtum und die Habsucht des Klerus und verurteilte dessen Lasterleben. Er trat für die Gewissensfreiheit ein und sah in der Bibel die einzige Autorität in Glaubensfragen. Damit widersprach er der Doktrin der Amtskirche, nach der in Glaubensfragen der Papst die letzte Instanz sei. Nachdem Jan Hus während des Konzils von Konstanz seine Lehre nicht widerrufen wollte, wurde er – entgegen den Zusicherungen des freien Geleites, u. a. ausgesprochen von König Sigismund - als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. In seiner Eigenschaft als Priester war er u. a. der Beichtvater der zweiten Ehefrau von König Wenzel IV. Die im 16./17. Jahrhundert entstandene Nepomuklegende vertauschte die beiden Geistlichen Nepomuk und Hus. So wurde Nepomuk als Beichtvater der Königin genannt und von der Brücke gestürzt, angeblich weil er dem eifersüchtigen König die Beichtinhalte der Königin nicht verraten hatte. Er wird in der gesamten katholischen Kirche als Brückenheiliger und Patron des Beichtgeheimnisses verehrt. So auch in unserer Gemeinde.


Gegenüber von Nepomuk steht auf der Brücke über den Ooser Landgraben der heilige Antonius von Padua. Der Franziskaner wurde zeitweise mehr verehrt als der Gründer seines eigenen Ordens, Franz von Assisi. Seine Statue fehlt in kaum einer katholischen Kirche. Er wurde um 1195 in Lissabon als Fernandez Martins de Bulhoes als Kind einer reichen Adelsfamilie geboren, wo man ihn – nach Eintritt in den Franziskanerorden - Antonio de Lisboa nennt. In seinem kurzen Leben führten die Pilgerwege nach Marokko, Sizilien, Südfrankreich und – mit einer persönlichen Begegnung mit Franz von Assisi – nach Oberitalien, wo man ihn als „Starprediger“ geradezu feierte. Im Juni 1231 starb er in Padua, bekannt unter dem Namen Antonio di Padova.


Seine Popularität und Beliebtheit verdeutlichen die vielen Abwandlungen seines Namens in den unterschiedlichsten Landessprachen. Zum bayerischen Toni gesellen sich weibliche Formen wie Antonie, Antoinette, Antonella, Antonetta, Antonia, Antonina sowie das männliche Antonio, Anthony oder Antal. Besonders bekannt geworden ist Antonius wegen der ihm zugeschriebenen Hilfe, verlorene oder verlegte Gegenstände wieder zu finden.


Ein bayerisches Stoßgebet lautet:

„O heiliger Antoni, du kreizguata Mo, pack mi beim Zipfel und führ mi dro no.“

Wenn Sie über die Brücke über den Ooser Landgraben gehen und vor der Antoniusstatue kurz verharren, könnten ihre Gedanken von folgenden beiden Aussagen des Heiligen inspiriert werden:

„Gott hört niemals auf, der Vater seiner Kinder zu sein.“ „Jesus sagte zu Petrus: Weide meine Schafe, und nicht: Melke oder schere sie!“

Herausgeber

Pfarrgemeinde St. Laurentius Niederbühl, in der Kirchengemeinde Vorderes Murgtal, vertreten durch das Gemeindeteam.

Autor (Text- und Gestaltung)

Erstellt im August 2021

Blogbeitrag

Erstellt im Dezember 2021 vom Heimatverein Niederbühl-Förch durch Marcus Wirth

Fotografien

Sofern nichts anderes vermerkt ist, stammen die Fotografien von Wolfgang Braun

Beitrag zum download

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