Von Wolfgang Braun
Erstellt im Oktober 2024. Zweite, überarbeitete Version vom Januar 2021.
Vielen Dank an unser Gründungsmitglied Wolfgang Braun für seine wertvollen historischen Beiträge und seine Unterstützung als Autor im Heimverein Niederbühl-Förch e.V.
Wer mit offenen Augen einen Spaziergang durch Niederbühl unternimmt ist eingeladen, bei den hier beschriebenen, fast 300 Jahre alten steinernen Zeugen der Vergangenheit einige Minuten zu verharren. Es handelt sich um die beiden Hochkreuze auf dem Friedhof und dem Kirchplatz, welche geradezu auffordern, über Zeit, Leben und Vergänglichkeit nachzudenken.

Sowohl das Friedhofskreuz, als auch das Kreuz vor der Laurentiuskirche standen auf dem „Gottesacker“, dem ehemaligen Friedhof auf dem alten Kirchplatz (Ooser Landgraben/Hirschkurve). Dieser Platz war der zentrale Mittelpunkt des Dorfes. Dort bildeten Kirche und Friedhof – wie auch heute noch in Oberschwaben und im alpinen Bereich üblich – eine Einheit. Das größere Kreuz (ca. 5 Meter hoch) mit der eingemeißelten Jahreszahl 1754 stand rechts der alten Kirche, während das kleinere Kreuz (ca. 3,70 Meter hoch) mit der Jahreszahl 1755 auf dem linken Teil des Platzes angebracht war. Das kleinere Kreuz wurde nach dem Abbruch der „alten“ Kirche (1978) an den Platz der jetzigen Kirche versetzt, wobei erwähnenswert ist, dass beide Kreuze die gleiche Inschrift tragen:
„Jesus wolle mit uns walten und zu seiner Ehr erhalten ewig.“


Gleich unter der Inschrift des Friedhofkreuzes mit der Jahreszahl 1754 steht der Name des Stifters: „Franz Joseph Jung, Schwanenwirt“
Wissen sie, warum man den jetzigen Friedhof als „vierten“ Friedhof bezeichnen kann?
Eine exakt nachweisbare Antwort ist schwierig zu formulieren, denn über dem ersten Friedhof liegen dem Autor keine Informationen vor. Die älteste vorliegende Quelle eines Pfarrers in Niederbühl stammt aus einer Urkunde vom 2. März 1355, in der ein Pfarrer “Sifrid“ genannt wird. Somit kann man davon ausgehen, dass zu dieser Zeit eine Kirche mit Friedhof in Niederbühl war. Seit „Menschengedenken“ befand sich der zweite Friedhof auf dem Platz der 1978 abgerissenen Kirche. Als man im Jahr 1754 (vgl. Datum des „großen“ Kreuzes) begann, eine Steinbrücke über den Ooser Landgraben beim Gasthaus Schwanen zu bauen, benötigte man auch Baugrund vom Friedhof, der somit kleiner wurde.
![Idealisierte Idylle, Brücke über den Ooser Landgraben, Murgtalstraße. [2]](https://static.wixstatic.com/media/148f28_5a30d331e6ba4e03a203e4866f3fcf04~mv2.jpg/v1/fill/w_980,h_924,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/148f28_5a30d331e6ba4e03a203e4866f3fcf04~mv2.jpg)
Als Ausgleich bestattete man die Toten ab 1816 auch auf dem Gelände bei der heutigen Mühlstraße (vom Schnick-Schnack zum Wohnheim für Obdachlose). An dieser Stelle stand einst die 1725 errichtete Antoniuskapelle. Dieser Standort war denkbar ungünstig gewählt, da Hochwasser die Anlage oft zerstörte, weshalb man dort keine Bestattungen mehr vornahm. Im Jahr 1936 ebnete man dieses Begräbnisfeld endgültig ein. Der jetzige Friedhof hat seit 1956 seine heutige Form. Auch dort stand eine kleine Kapelle, welche 1957 abgerissen wurde. In diesem Jahr entstanden die noch heute genutzte Kapelle und Leichenhalle.
Lust auf mehr spannende Geschichte oder ähnliche Beiträge über Niederbühl und Förch?
Wenn dieser Artikel Ihre Neugier auf unsere Geschichte geweckt hat, dann lesen Sie doch im kommenden Beitrag mehr über den „Ukrainerfriedhof“, den Ehrenhain auf dem abgetrennten Teil unseres Friedhofs. Wolfgang Braun wird uns weiterhin mit faszinierenden Einblicken versorgen!
Herausgeber
Heimatverein Niederbühl-Förch e. V.
Autor (Text- und Gestaltung)
Wolfgang Braun http://www.braun-wolfgang.de/
Erstellt im Oktober 2024. Zweite, überarbeitete Version vom Januar 2021.
Blogbeitrag
Erstellt im Oktober 2024. Marcus Wirth, Heimatverein Niederbühl-Förch e. V.
Fotografien
[1] Bildquelle aller Bilder: Wolfgang Braun
[2] Bildquelle: Albert Kiefer, Heimatbuch S. 184
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